Bereits seit der Zähmung der Rinder vor etwa 8000 Jahren wird Milch als Nahrungsmittel verwendet. Der früheste geschichtliche Beleg stammt aus einer Tempelinschrift der Sumerer aus dem Jahre 3100 v. Chr. Dargestellt sind das Melken von Kühen und die Milchverarbeitung, vermutlich die Butterherstellung.
Die ersten Sauermilcherzeugnisse waren das Ergebnis spontaner Säuerung. Sie entwickelten sich regional nach den Gegebenheiten der jeweiligen klimatischen Bedingungen. Der schon bei 20 °C bebrütbare Kefir hat seinen Ursprung beispielsweise in den kühleren Bergregionen des Kaukasus. Entwicklungsgeschichtlich besteht ein enger Zusammenhang zwischen sauren Milchprodukten und Käse. Aus Funden wird geschlossen, dass schon in der Bronzezeit Käse hergestellt wurde. Erstaunliche Fertigkeiten in der Käseherstellung entwickelten die Römer. Sie betrieben einen regen Handel mit den Germanen und anderen Völkern. In ihrem Sortiment befanden sich gesalzene und ungesalzene, harte und weiche Käse. Griechen, Römer und Germanen führten Käse auf ihren langen Jagd- und Eroberungszügen mit, da er relativ einfach und lange gelagert werden konnte.
Butter wurde damals hauptsächlich zu pharmazeutischen und kosmetischen Zwecken verwendet. Milcherzeugnisse spielten in geschichtlicher Zeit nur eine untergeordnete Rolle bei der Ernährung, da Milch nur in geringen Mengen zur Verfügung stand. Noch vor 200 Jahren gaben Kühe weniger als ein Zehntel der heute üblichen Milchmengen. Mit zunehmender Technisierung begann um die Jahrhundertwende der Aufbau einer eigenständigen Molkereiwirtschaft. Zu Beginn des Zweiten Weltkriegs war die Versorgung mit Milch und Milchprodukten in Deutschland flächendeckend, und ab Mitte der fünfziger Jahre setzte ein Konzentrationsprozess in der Molkereibranche ein, der zur Schließung vieler örtlicher Molkereien zugunsten großer, volltechnisierter Milchverarbeitungsbetriebe führte.
Heute werden in Deutschland pro Person und Jahr rund 105 Kilogramm Milch und Milcherzeugnisse verzehrt, das entspricht einer durchschnittlichen Tagesaufnahme von 290 Gramm. Milch ist ein sehr komplexes Lebensmittel, das eine Vielzahl verschiedener organischer und anorganischer Bestandteile enthält, die meisten davon in sehr kleinen Mengen; daher werden sie als Mikrobestandteile bezeichnet. Bis heute gibt es keine zufrieden stellenden wissenschaftlichen Erkenntnisse über die Wirkungen der Mikrobestandteile der Milch, zumal diese bei weitem noch nicht alle bekannt sind.
Kritik muss sich die Milchindustrie gefallen lassen: In ihrer Produktwerbung wird dem Verbraucher eine traditionelle, naturnahe Herstellung und Verarbeitung der in Wirklichkeit industriell hergestellten Massenprodukte suggeriert. So ist beispielsweise der Begriff »Landmilch« weder definiert noch gesetzlich geschützt. Auch sitzt heute keine Bäuerin mehr im Betrieb, die den Joghurt rührt, denn schließlich handelt es sich bei den von der Lebensmittelindustrie angewandten Verfahren häufig um kontinuierliche, weitgehend automatisierte Herstellungsprozesse.
Seiten zum Kapitel Milch und Milchprodukte:
Handelsformen der Milch
Ernährungsphysiologische Aspekte von Milch
Diätetische Aspekte von Milch
Milch als Nährstofflieferant
Vom Bauernhof zum Supermarkt
Vor- und Nachteile der Milcherhitzung
Die Qualität von Milch und Milchprodukten
Rechts- oder linksdrehende Milchsäure?
Neue Entwicklungen: Moderne Zeiten im Kuhstall
In Zukunft: Tierhaltung ohne Weiden?
Mehr Milch mit rBST
Gentechnik in der Milchverarbeitung: Starterkulturen
Senkung von Produktionskosten
Resistenz gegen bakterielle Viren (Bakteriophagen)
Milcherzeugung mit geklonten Kühen
Neue Light-Produkte aus Milch
Milchersatzprodukte und Milchimitate
Tierarzneimittel für Milchkühe
Desinfektions- und Entwesungsmittel
Rückstände und Verunreinigungen in der Milch
Nitrat, Nitrit und Nitrosamine
Zusatzstoffe in Milchprodukten
Keimbelastung und biogene Amine
Tipps im Umgang mit Milch und Milchprodukten