Rechts- oder linksdrehende Milchsäure?

Für die Herstellung von gesäuerten Milcherzeugnissen wird die Milch mit einer Bakterienkultur versetzt, die einen Teil des Milchzuckers zu Milchsäure umwandelt. Bei diesem Prozess werden außerdem Substanzen wie Essigsäure, Diacetyl und Acetaldehyd gebildet, die dem jeweiligen Produkt die typischen Geruchs- und Geschmackseigenschaften verleihen. Dabei entsteht ein saures Milieu, das das Wachstum von Fäulniserregern und anderen Mikroorganismen einschränkt und für eine längere Haltbarkeit sorgt. Gleichzeitig gerinnt ein Teil des Milcheiweißes, und das Produkt wird dickgelegt. Um ein optimales Wachstum der Bakterienkulturen zu gewährleisten, muss die Milch für gesäuerte Produkte eine niedrige Keimzahl aufweisen und darf keine Hemmstoffe enthalten.

Bei identischer molekularer Zusammensetzung der Milchsäure gibt es zwei Formen, deren Moleküle eine unterschiedliche räumliche Struktur aufweisen. Rechtsdrehende oder L(+)-Milchsäure entspricht der Form, die auch im menschlichen Körper gebildet wird und von der Leber leicht umgesetzt werden kann. Linksdrehende oder D(-)-Milchsäure hingegen wird nur langsam abgebaut und ausgeschieden. Bei hohem Verzehr von D(-)-Milchsäure, so nahm man bisher an, könne es deshalb zu einer Übersäuerung des Blutes kommen. Dies war der Grund für eine Empfehlung der WHO, täglich nicht mehr als 100 Milligramm D(-)-Milchsäure pro Kilogramm Körpergewicht aufzunehmen, was bei einem Erwachsenen etwa der Menge von 1 bis 1,5 Kilogramm Joghurt entspricht. Bei einem Kind liegt die empfohlene Zufuhrmenge entsprechend niedriger. Neuere Untersuchungen haben gezeigt, dass die Stoffwechselkapazitäten für D(-)-Milchsäure größer sind. Die Empfehlung der WHO wurde deshalb zurückgenommen.

Je nach verwendeter Bakterienkultur kann Joghurt unter den gesäuerten Milchprodukten den höchsten Anteil an D(-)-Milchsäure enthalten. Längere Säuerung und Lagerung führen zu einem höheren Gehalt an D(-)-Milchsäure.

Warenkunde der Milcherzeugnisse

Sauermilch wird aus Milch oder Sahne unter Zugabe von Milchsäurebakterien hergestellt. Bei Sauermilcherzeugnissen sind Zusätze von Milcheiweiß, Stärke, Speisegelatine und anderen Verdickungsmitteln zulässig. Um ihre Haltbarkeit zu verlängern, dürfen Sauermilchprodukte nach der Säuerung nochmals erhitzt werden, müssen dann jedoch den Hinweis »wärmebehandelt« tragen. Bei der Herstellung von Crème fraîche oder Schmand werden zur Aromabildung besondere Bakterienkulturen verwendet.

Joghurt wird aus Milch oder Sahne unter Zusatz von spezifischen Milchsäurebakterien hergestellt. Die Dicklegung kann bei Joghurterzeugnissen durch Zugabe von Milcheiweiß und durch Eindampfen unterstützt werden. Im Handel findet man Joghurt unter den Bezeichnungen Joghurt (Streptococcus thermophilus + Lacto-bacillus bulgaricus), Bioghurt (Streptococcus thermophilus + Lactobacillus aeido-philus) und Biogarde (wie Bioghurt + Bifidobakterium bifidum). Es existieren jedoch keine verbindlichen Vorschriften für die Bezeichnung und die Art der verwendeten Mikroorganismen.

Fruchtjoghurts haben inzwischen einen Marktanteil von rund 80 Prozent am gesamten Joghurtabsatz. Dem Joghurt beigemischte Lebensmittel dürfen 30 Prozent der Füllmenge des fertigen Joghurts nicht übersteigen. Ein Fruchtjoghurt mit Fruchtzubereitung muss aber nur 3,5 Prozent Frischfrucht enthalten, das entspricht bei einem Joghurtbecher mit 150 Gramm Inhalt einer mittelgroßen Erdbeere. Da mit dieser Menge natürlich kein voller Erdbeergeschmack erreicht werden kann, setzt man oft Aromastoffe und meist noch 7 bis 8 Prozent Zucker zu. Diese Joghurts dürfen zusätzlich zu Stärke und Gelatine eine Reihe von Bindemitteln als Zusatzstoffe enthalten, die nicht kennzeichnungspflichtig sind.

Kefir wird wie Joghurt in unterschiedlichen Fettgehaltstufen hergestellt. Abhängig von den verwendeten Kulturen unterscheidet man: Kefir und Kefir mild mit weniger stark ausgeprägtem Geschmackscharakter. Die verwendeten Kulturen sind Symbiosen aus Hefen und Bakterien (Candida kefir, Lactobacillus kefir, Streptococcus lactis sowie Leuconostoc-Arten). Die Hefen bewirken eine leichte alkoholische Gärung. Der verzehrsfertige Kefir enthält Alkohol (je nach Gärungsbedingungen von unter 0,05 bis zu 2%) sowie Kohlensäure.

Buttermilch fällt als Nebenprodukt der Verbutterung von Rahm an. Buttermilch weist einen hohen Lecithin-, Eiweiß- und Mineralstoffgehalt auf. Bei Buttermilch können unter der Einwirkung von Sauerstoff und Licht leicht »Geschmacksfehler« auftreten, die auf Oxidationsprodukte von Fetten zurückzuführen sind.

Sahne entsteht beim Entrahmen von Milch. Sie muss aus mindestens zehn Prozent Fett bestehen. Mit dem hohen Fettgehalt enthält die Sahne eine große Menge fettlöslicher Vitamine, sie kann jedoch auch fettlösliche Schadstoffe anreichern. Nach dem Trennen von Magermilch und Rahm in der Zentrifuge wird der Fettgehalt der Sahne eingestellt. Die Sahne wird dann einer Hoch-, Ultrahocherhitzung oder Sterilisation unterzogen. Sauer gewordene Schlagsahne darf nicht als saure Sahne verkauft werden.

Unter Kondensmilch versteht man konzentrierte Milch mit oder ohne Zusatz von Zucker. Die auf einen bestimmten Fettgehalt eingestellte und hitzevorbehandelte Milch wird nach Zugabe von Stabilisierungssalzen durch Verdampfen eingedickt.

Trockenmilcherzeugnisse sind aus Vollmilch, teilentrahmter Milch, Magermilch oder Milcherzeugnissen hergestellte Pulver. Trockenmilcherzeugnisse sind hauptsächlich Vorprodukte für die Weiterverarbeitung zu Säuglingsmilchprodukten, Instantmilchpulver, Milchschokolade, Speiseeis oder Mischfuttermitteln. Hergestellt wird das Milchpulver überwiegend im Sprühverfahren. Die zunächst stark eingedickte Milch wird fein zerstäubt und zur Trocknung gegen heiße Luft geblasen.

Butter ist eine aus Sahne gewonnene feste Fett-Wasser-Emulsion. Sie besteht aus mindestens 82 Prozent Fett und enthält höchstens 16 Prozent Wasser. Die Rahmreifung kann sowohl mit als auch ohne Säuerung erfolgen. Außer speziellen Milchsäurekulturen dürfen nur Wasser, Kochsalz und b-Carotin zugesetzt werden. Zusätze wie synthetische Farbstoffe, Dickungsmittel oder Fremdfette sind verboten. Vor der Butterung wird die Milch immer erhitzt.

Käse sind frische oder in verschiedenen Graden der Reifung befindliche Erzeugnisse, die aus dickgelegter Käsereimilch hergestellt werden. Hauptbestandteile sind Abbauprodukte der Caseine und Fett. Wesentliche Arbeitsgänge bei der Käseherstellung sind:

  • Dicklegen der Milch mit Lab (eiweißspaltendes Enzym aus dem Kälbermagen) oder durch Milchsäurebakterien oder mittels einer Kombination beider Verfahren,
  • Trennung der festen Bestandteile (Bruch) von der Molke,
  • Reifung, während der eine Käsesorte durch die Tätigkeit von Enzymen und Mikroorganismen ihre typischen Eigenschaften erhält

Die Qualität eines Käses hängt ferner in starkem Maße von der Güte der Verarbeitungsmilch ab. Im Allgemeinen wird die Milch zur Käseherstellung einer Wärmebehandlung unterzogen. Die besten Käse allerdings stellt man aus keimarmer, nicht wärmebehandelter Milch her (Emmentaler, Bergkäse, Appenzeller, Greyerzer, teilweise auch Camembert). Bei der Käsereifung werden die meisten Krankheitserreger inaktiviert.

 

Fettanteil in der Trockenmasse von Käse (in Prozent)

Bezeichnung Fettanteil Bezeichnung Fettanteil
Doppelrahm 60 – 85 Dreiviertelfett 30 – 40
Rahm 50 – 59 Halbfett 20 – 30
Vollfett 45 – 49 Viertelfett 10 – 20
Fett 40 – 45 Mager 0 – 10

Quelle: Volmer et al. 1990

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