Bestrahlte Gewürze und Lebensmittel

Die Diskussion um die Entkeimung von Gewürzen durch ionisierende Strahlen, also durch eine radioaktive Bestrahlung , hat an Bedeutung gewonnen, nachdem nun auch EU-weit die Begasung von Gewürzen und Kräutern mit Ethylenoxid verboten wurde.

In Deutschland ist die Lebensmittelbestrahlung bislang verboten, während sie in anderen EU-Staaten wie Belgien, Dänemark, Frankreich und den Niederlanden erlaubt ist. Seit 1988 liegt ein Vorschlag der EU-Kommission zur europaweiten Regelung der Lebensmittelbestrahlung vor. In diesem Vorschlag werden unter anderem Gewürze, Kräuter und Trockengemüse genannt. Bisher konnte die Bestrahlungsrichtlinie jedoch nicht verabschiedet werden, da die erforderliche Mehrheit nicht zustande kam. Die Bundesregierung lehnt die Bestrahlung nicht aus gesundheitlichen Gründen ab, sondern weil keine technologische Notwendigkeit für dieses Verfahren vorliege, da »die gegenwärtigen Verfahren zur Haltbarmachung und Entkeimung vollkommen ausreichend sind«.

Nach Auffassung des Bundesgesundheitsamtes kann auf eine Bestrahlung zur Entkeimung von Gewürzen, Trockengemüsen und Kräutern verzichtet werden, wenn alternative Methoden wie das
Mikrowellen – und Hochfrequenzverfahren und die Entkeimung mit Wasserdampf weiterentwickelt und angewendet würden.
Da jedoch ein europäischer Kompromiss über die Bestrahlung der acht vorgeschlagenen Lebensmittelgruppen nicht in Sicht ist, wird darüber nachgedacht, eine EU-weite Zulassung zunächst nur für die Bestrahlung von Gewürzen und Kräutern zu beschließen.

Mit der so genannten Vollendung des EU-Binnenmarkts gilt seit dem 1. Januar 1993 das Prinzip der gegenseitigen Anerkennung. Hiernach müssen Lebensmittel, die in anderen EU-Staaten bestrahlt werden, auch auf dem deutschen Markt zugelassen werden. In den zuständigen Ministerien der Bundesländer muss die Einfuhr bestrahlter Produkte durch den Importeur oder Händler angemeldet werden. Nach Auskunft der Behörden hat bis zum März 1994 keine Anmeldung zur Einfuhr bestrahlter Gewürze oder anderer bestrahlter Lebensmittel vorgelegen. Die amtliche Lebensmittelüberwachung stellte jedoch 1993 in einigen Proben von Flüssigeigelb und Gewürzen fest, dass diese einer Bestrahlung ausgesetzt waren. 

Keimarme Gewürze (weniger als 10000 Keime/Gramm) werden ausschließlich für die lebensmittelverarbeitende Industrie hergestellt. Keimarme Gewürze sind für kaltverarbeitete Frischprodukte (z.B. Feinkostsalate und Quarkspeisen) von Bedeutung, also für Nahrungsmittel, die keiner Pasteurisation oder Sterilisation unterzogen werden. Bei der Herstellung solcher Erzeugnisse sind Gewürze meist für den höchsten Keimeintrag in das Produkt verantwortlich und bestimmen somit maßgeblich seine Haltbarkeit. Eine Entkeimung oder gar eine Bestrahlung der Gewürze und Kräuter, die für den Hausgebrauch bestimmt sind, findet bisher nicht statt. Bei der gewöhnlichen Speisenzubereitung im Haushalt sind keimarme Gewürze kaum notwendig, da keine länger haltbaren Produkte hergestellt werden. Außerdem wären bestrahlte Gewürze für den Endverbraucher nur zu erheblich höheren Preisen zu haben.

So gesehen führt die ganze Diskussion über den teuren Einsatz von Hightech nicht zum Kern des Problems. Die Ernte von Gewürzen geschieht auch heute noch zum großen Teil von Hand. Nur beim Anbau auf Feldern und Plantagen ist eine maschinelle Ernte möglich. Man trocknet die Gewürze, indem man die frische Ware im Freien ausbreitet. Ein solches Verfahren ist in hygienischer Hinsicht problematisch: Vögel und andere Tiere können nicht immer ferngehalten, Bodenbakterien können übertragen werden; ein Teil der Gewürze wird mit belastetem Wasser gewaschen, und hohe Temperaturen und Luftfeuchtigkeit können zu einer explosionsartigen Keimvermehrung führen. Eine Änderung der Herstellungspraxis der Gewürze in den tropischen Ländern würde deren Bestrahlung überflüssig machen. So könnten mit relativ geringen finanziellen Mitteln, etwa aus dem Entwicklungshilfebudget, Projekte zur Lösung der hygienischen Probleme bei der Ernte, Trocknung und Verarbeitung der Gewürze in den Erzeugerländern gefördert werden.

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