Die englische Firma Marlow Food Ltd beschreibt ihr Produkt 2010 im Internet so:
„Mykoprotein (Pilzprotein, d.Verf.) ist der Hauptbestandteil in allen Quorn-Produkten. Es wird von einem Mitglied der Pilz-Familie (wie (Speise-)Pilze und Trüffel) gemacht und ist ein hochwertiges, fleischloses Eiweiß, das von Natur aus einen niedrigen Fettgehalt mit sehr wenigen Kalorien hat. Es enthält einen hohen Anteil an Ballaststoffen (wichtig für Dein Verdauungssystem) und hat die essenziellen Aminosäuren, die Dein Körper braucht, frei von Cholesterol oder Transfettsäuren.“
(Übersetzung aus dem Englischen durch die Autorin)
In Wirklichkeit ist Quorn der Handelsname für ein biotechnologisch hergestelltes Nahrungsmittel aus dem fermentierten imperfekten Pilz Fusarium venenatum, einem Bodenschimmel, dessen perfekte, zur Geschlechtsreife gelangende Form ein Schlauchpilz ist und kleinste Sammelfruchtkörper ausbildet. Andere Fusarium-Arten sind für diverse Nutzpflanzenkrankheiten verantwortlich (z.B. für das Verwelken von Tomatenpflanzen) oder verursachen beim Menschen Fußpilz.30
Mit einem Produkt aus schmackhaften Speisepilzen, oder gar aus Trüffeln, wie die Produktbeschreibung des Herstellers suggeriert, haben Quorn-Produkte nichts zu tun. Das kritisiert auch die britische Advertising Standards Authority (ASA) in ihrem Annual Report 2002.
Jahrzehntelange verfahrenstechnologische Entwicklung war erforderlich, um das Fusarium dazu zu bringen, was es im Fermentertank tun soll: in einer glukosereichen, mit Mineralsalzen, Stickstoff und Vitaminzugaben angereicherten, sonst sterilen Nährlösung unter Zugabe von Sauerstoff wachsen. Nach ein paar Tagen kann das „Einzeller“-Protein abgefiltert, erhitzt, getrocknet und dann mit Hühnereiweiß als Bindemittel in eine fleischähnliche Konsistenz, die an Fleischfasern erinnert, gebracht werden. Ähnliche Verfahren werden schon einige Jahrzehnte zur Herstellung eiweißreicher Tierfuttermittel-Zusätze angewendet. Dies ist das erste Pilzprodukt, das auf diese Weise für den menschlichen Verzehr aufbereitet wird. Es fällt demgemäß in der EU unter die Novel-Food-Verordnung Vo (EG) 258197, die seit 1997 in Kraft ist. Ursprünglich als Nahrungsmittel gedacht, um drohenden Eiweißmangel in der Welternährung zu bekämpfen, gelangt es bislang nur in westlichen Industriestaaten in den Handel (seit 2010 auch in Australien) und erobert Marktanteile im Healthfood-Bereich, besonders für Vegetarier. Über 100 Quorn-Produkte sind mittlerweile im Handel, je nach Geschmacksverstärker und Würzmittel als Burger, Würstchen, Chicken Nuggets oder Filets. Nachdem der Hersteller auf Hühnereiweiß aus Legebatterien verzichtete und auch die raffinierten Fette ersetzte, konnte Mc Donalds 2004 einen Quorn-Burger herausbringen, der das Gütesiegel der Vegetarischen Gesellschaft der USA erhielt, eine Auszeichnung, die von der Veganen Gesellschaft der USA kritisiert wurde, da Quorn-Produkte wegen des tierischen Hühnereiweißes für Veganer nicht geeignet sind. Weiterer Forschungsbedarf besteht auch hinsichtlich seines allergenen Potentials. Die Debatte wurde angestoßen durch: Center for Science in the Public Interest (CSPI), eine private US-Organisation, die allerdings dem Quorn-Konkurrenten Gardenburger nahe stehen soll. Menschen, die auch auf Schimmelpilze in Käse u.ä. reagieren, können u.U. auch diese Produkte nicht vertragen.
Quorn™ gibt es bislang in den USA, Australien und Neuseeland, in Europa in Großbritannien, Irland, Dänemark, Norwegen, Schweden, der Schweiz, Belgien, den Niederlanden und in Deutschland bei REWE, Edeka Marktkauf und Globusmärkten. Die Bioszene steht dem Produkt aus der biotechnologischen Retorte eher skeptisch gegenüber.
Überflüssig für eine gesunde Ernährung sind Quorn-Produkte allemal.
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