Trinkwasserhygiene

In der Trinkwasserverordnung § 1 heißt es: »Trinkwasser muss frei sein von Krankheitserregern«.

Durch die Wasseraufbereitung hat die mikrobielle Verunreinigung des Trinkwassers im Gegensatz zu seiner chemischen Belastung in den letzten Jahren an Bedeutung verloren. Dass der Verkeimung des Trinkwassers heute weniger Beachtung geschenkt wird, hat durchaus seine Gründe, immerhin müssen in Deutschland (alte Bundesländer) etwa 60 Prozent des Trinkwassers nicht mehr desinfiziert werden.

Ganz anders sah die Lage zum Zeitpunkt der Wiedervereinigung in den neuen Bundesländern aus. Rund 3,8 Millionen Menschen bezogen damals Trinkwasser, das bakteriologisch zu beanstanden war.

Die letzte große Epidemie durch bakterienverseuchtes Trinkwasser ereignete sich 1978 in Ismaning, wo 2.450 Einwohner des Ortes an Bakterienruhr erkrankten. Ursache war der Eintrag des Ruhrerregers durch einen Einwohner, der in der Nähe des kommunalen Flachbrunnens wohnte und zuvor auf einer Urlaubsreise an dieser Infektion erkrankt war. Da sich Abwasser und Trinkwasser in der Nähe des Flachbrunnens mischten, kam es zu der folgenschweren Verkeimung des Trinkwassers.

Aber auch in jüngster Zeit wurden immer wieder kleinere Vorfälle bei der Trinkwassergewinnung bekannt, zum Beispiel 1993 im Kreis Aachen, als das Trinkwasser aus einer Talsperre durch Viehhaltung und ungenügende Abwassermaßnahmen stark verkeimt wurde und zeitweilig nicht mehr genutzt werden konnte.

Normales Trinkwasser darf bis zu 100 Keime je Milliliter enthalten, Trinkwasser aus Vorratstanks (in Schiffen, Bahnen usw.) dagegen bis zu 1000 Keime je Milliliter. Eine permanente Kontrolle der vielen möglichen Krankheitserreger im Trinkwasser ist nicht durchführbar. Daher sucht man nach bestimmten Mikroorganismen, die Hinweise auf ein mögliches Vorhandensein von Krankheitserregern geben. Das Bakterium Escherichia coli ist ein solcher Indikator; er ist Bestandteil der Darmflora des Menschen und warmblütiger Tiere und ist analytisch leicht nachweisbar. Escherichia coli im Wasser zeigt also an, dass es mit menschlichen oder tierischen Ausscheidungen kontaminiert ist. Aus diesem Grunde darf im Trinkwasser kein Keim des Escherichia coli in 100 Milliliter vorhanden sein. Heute wird Escherichia coli als Indikatorkeim von einigen Fachleuten in Frage gestellt, da die meisten anderen Erreger von Infektionskrankheiten über das Trinkwasser entweder gar nicht oder nur sehr unsicher erkannt werden können. Das gilt für verschiedene Darmviren, so genannte atypische Mykobakterien und verschiedene Bakterien mit hoher Chlorresistenz. Obwohl es jährlich bundesweit einige 1.000 Beanstandungen aufgrund von Escherichia-coli-Nachweisen gibt, ist es bisher zu keinen Epidemien gekommen. Hieraus könnte der Schluss gezogen werden, dass der Zusammenhang zwischen Escherichia-coli-Funden und dem Vorhandensein pathogener Keime möglicherweise nicht zwingend ist.

Generell kann jedoch gesagt werden, dass die bakteriologische Beschaffenheit unseres Trinkwassers heute sehr gut ist. Mit der zunehmenden Zentralisierung der Trinkwasserversorgung sind die Infektionsgefahren drastisch gesunken. 90 Prozent aller trinkwasserbedingten Infektionen sind auf Legionellen und Mykobakterien im Warmwasser zurückzuführen. Erwärmtes Trinkwasser wird in den Untersuchungen der Trinkwasserverordnung weitgehend ausgeklammert, obwohl es für die Speisen- und Getränkezubereitung in großen Mengen genutzt wird. So garantieren die Wasserwerke für die Qualität des Trinkwassers auch nur bis zur Wasseruhr des Verbrauchers, danach ist der Hauseigentümer für die Beschaffenheit des Wassers verantwortlich. Doch im Bereich des Warmwasserbetriebs ist eine sprunghafte Keimvermehrung nicht auszuschließen. Aus diesem Grunde sollte die Trinkwasserüberwachung auch auf den Bereich der Warmwassererzeugung und Nutzung ausgeweitet werden.

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