Rinderwahnsinn

1985 trat die Tierseuche BSE (Bovine spongiforme Enzephalopathie) erstmals in Großbritannien auf. Immer wieder neue Skandalmeldungen und Erkenntnisse zur Übertragung auf den Menschen lösten Angst und Verunsicherung unter den Verbrauchern aus, denn im Fall der BSE-Seuche handelt es sich nicht um eine kurzfristige Erkrankung, sondern um eine schwere Krankheit, die zum Tod führt. Immer wichtiger wurde daher die Frage der Herkunft des Fleisches.

Es wird vermutet, dass BSE seinen Ursprung in der seit mehr als 200 Jahren bekannten Schafskrankheit Scrapie hat. Dass jetzt Rinder von dieser Seuche betroffen sind, ist keineswegs eine „Naturkatastrophe“, denn die Ausbreitung von BSE fand in erster Linie aufgrund von industriell hergestelltem Fertigfutter statt.

Übertragen wurden die Erreger auf das Rind durch die Verarbeitung von mit Scrapie infizierten Schafskadavern zu Tierfutter für die Rindermast. Als Gründe für die Krankheitsübertragung ab dem Jahr 1985 werden zu geringe Verarbeitungstemperaturen und das Verbot eines zuvor verwendeten Ätzstoffes in der Futtermittelproduktion vermutet.

BSE ist eine Erkrankung des Nervensystems, wobei Gehirn- und Nervenzellen absterben. Als Symptome der ausgebrochenen Krankheit zeigen die Tiere Verhaltens- und Bewegungsstörungen. Ihr Gehirn schrumpft, wird schwammartig und zeigt deutliche Löcher und Hohlräume zwischen den Nervenzellen (spongiforme Enzephalopathie = schwammförmige Gehirnveränderung). Gleichzeitig zeigen sich Koordinations- und Gleichgewichtsstörungen, Torkeln und unkontrolliertes Ausschlagen, die das letzte Stadium der Krankheit kennzeichnen und zu dem umgangssprachlichen Namen Rinderwahnsinn geführt haben.

Verursacher der Tierseuche sind nach Vermutungen sogenannte ,Prionen‘, sprich infektiöse Proteine. Bei der Fütterung der Rinder mit Tiermehl (aus Abfallprodukten der Schaf- und Rinderschlachtung) werden die Prionen möglicherweise übertragen – sicher ist sich die Forschung sich bei der Übertragungsart noch nicht. So oder so ist der BSE-Erregeräußerst stabil, erzeugt beim Wirtstier keine erkennbaren Abwehrreaktionen und hat sich in Versuchen als erstaunlich resistent erwiesen. Eine Übertragung ist selbst nach einer Hitzebehandlung von bis zu 360 °C, einer Begasung mit Formalin und nach starker Bestrahlung mit ultraviolettem Licht möglich. Bisher weiß man von Übertragungen des BSE-Erregers auf insgesamt 19 Tierarten, zu denen gehören: Ziege, Schwein und Schaf; Katze, Hamster und Meerschweinchen; Waschbär, Nerz, Antilope und Panther.

Im Vergleich zu BSE und Scrapie weist die Creutzfeldt-Jakob-Krankheit (CJK) eine Reihe von Gemeinsamkeiten bei den Symptomen und Gehirnveränderungen auf. Zumal BSE eine Variante der seltenen CJK bei Menschen auslösen kann – als möglicher Übertragungsweg gilt der Verzehr von Fleisch. Im Durchschnitt erkrankt an der CJK ein Mensch pro Million Einwohner und Jahr, und nachgewiesenermaßen spielt auch eine gewisse Veranlagung dabei eine Rolle.

Die Rinderseuche BSE grassierte um 1985 herum mehr als zehn Jahre, ohne dass wirksame Gegenmaßnahmen eingeleitet wurden.  Während 1986 in Großbritannien 60 Rinder erkrankten, waren es im nachfolgenden Jahr bereits 400 und 1987 ganze 24.000 erkrankte Tiere. Seit 1986 verendeten rund 180.000 Rinder an der Tierseuche, doch heutzutage tritt die Seuche nur noch vereinzelt auf (siehe Die traurige Geschichte des Rinderwahnsinns).

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