Das meiste Quecksilber, das die Umwelt vergiftet, sammelt sich früher oder später in den Meeren, wo es von Mikroorganismen in das weit gefährlichere Methylquecksilber umgewandelt wird. In dieser Form ist das Quecksilber fettlöslich und kann nun von Kleinstlebewesen, dem Plankton, aufgenommen werden. Über die Nahrungskette gelangt es schließlich in den Körper des Menschen, wo es sich in Gehirn und Rückenmark ablagert und zu schweren Gesundheitsschäden führen kann. Dass Fische auch bei hohen Quecksilberkonzentrationen nicht unbedingt erkranken, liegt daran, dass sie das Metall durch Eiweißstoffe im Körper binden. Im menschlichen Organismus wird diese Bindung aufgelöst, und das Quecksilber kann seine giftige Wirkung entfalten. Wie gefährlich Quecksilber ist, weiß man spätestens seit der Katastrophe von Minamata (Japan) nur zu gut. Die Einwohner verzehrten über längere Zeit Fisch, der mit aus Industrieabfällen stammendem Quecksilber verseucht war.
Die Quecksilberfracht der Weltmeere wird auf etwa 100 Millionen Tonnen geschätzt. Dazu kommt ein jährlicher Eintrag von 10.000 Tonnen Quecksilber durch Menschenhand. Aufgrund von Untersuchungen konnte bewiesen werden, dass sich der Quecksilbergehalt von Seefischen im Verlauf der letzten 15 Jahre nicht verändert hat. Dies gilt nicht nur für den Nordatlantik, sondern auch für die Fanggebiete vor den Küsten Afrikas und Asiens. Die durchschnittlich gemessenen Quecksilbergehalte in Seefischen liegen konstant bei 0,2 mg/kg.
In vielen Ländern sind für Quecksilberbelastungen Grenzwerte festgesetzt, die eine Vermarktung von Fisch ab einer bestimmten Rückstandsmenge verbieten. Vergleicht man diese Grenzwerte, fällt auf, dass gerade die Anrainerstaaten der relativ stark belasteten Nord- und Ostsee die höchsten Quecksilbergehalte tolerieren. In Deutschland ist seit 1988 eine Verordnung über Höchstmengen an Schadstoffen in Lebensmitteln in Kraft. Die darin festgelegten Grenzwerte sind: 1 Milligramm Quecksilber pro Kilogramm Aal, Hecht, Lachs, Zander; Blauleng, Eishai, Heringshai, Katfisch, Rotbarsch, Schwertfisch, Stör und Weißer Heilbutt und 0,5 mg Quecksilber pro kg »sonstige Fische«. Zwar hatte schon 1975 das Gesundheitsministerium einen Grenzwert von 0,7 mg/kg vorgeschlagen, er wurde aber auf Druck des Agrarausschusses des Bundesrates auf 1 mg/kg erhöht. Die Weltgesundheitsorganisation hingegen empfiehlt wegen der äußerst hohen Resorptions- und Akkumulationsrate des in Fischen vorkommenden Methylquecksilbers sowie wegen der extremen Toxizität dieser Verbindung einen Grenzwert von 0,5 mg/kg.
Bei der Diskussion über den Höchstwert legte man die sich aus statistischen Erhebungen ergebende Eßgewohnheit der Bundesbürger zugrunde: höchstens zweimal Fisch die Woche. Bezieht man den im Fisch ermittelten Quecksilbergehalt von 0,2 mg/kg auf den durchschnittlichen Fischverzehr, so wird die für den Menschen tolerierbare Aufnahme von Quecksilber zu 10 bis 20 Prozent ausgeschöpft.
Anders sieht die Rechnung allerdings aus, wenn Verbraucher einen höher belasteten Fisch aus Gewässern mit küstennahen Industriestandorten auf den Tisch bekommen. Hier können die Quecksilbergehalte wesentlich höher sein, woraus sich eine möglicherweise ernstzunehmende Gesundheitsgefahr ergibt.
So sitzen an den Wochenenden viele Angler an den Ufern unserer Flüsse. Die gefangenen Fische sehen zwar gesund aus und erreichen stattliche Größen, und immer wieder hört man von den Anglern, dass ein Fisch, der gut aussieht und schmeckt, auch nicht schädlich sein könne. Wie falsch diese Ansicht ist, zeigte eine Untersuchung von Anglern, die regelmäßig ihre in der Elbe gefangenen Aale verzehrten. In den Haaren dieser Menschen wurde eine fünfmal höhere Quecksilberkonzentration gefunden als bei einer Kontrollgruppe mit normalen Ernährungsgewohnheiten.
Selen ist für Mensch und Tier ein essentielles Spurenelement. Die vom Menschen benötigte Menge kann zum großen Teil über Seefisch gedeckt werden. Man vermutet, dass Selen der Giftigkeit von Quecksilber, insbesondere Methylquecksilber, entgegenwirkt. Es sind Regionen bekannt, in denen stets Fisch mit hohen Quecksilbergehalten (über 1 mg/kg) verzehrt wird, wo aber gleichwohl keine Quecksilbervergiftungen beobachtet wurden. Hohe Selengehalte konnten für den Weißen Heilbutt nachgewiesen werden, einen Plattfisch, der bis zu 30 Jahre alt werden und entsprechend viel Quecksilber anreichern kann.
Wie stark Fische und Schalentiere mit Quecksilber belastet sind, hängt weitgehend davon ab, wo sie gefangen wurden. Die Annahme, dass jeglicher Verzehr von Fisch eine Gesundheitsgefährdung sei, wäre sicherlich vorschnell. Auch heute gibt es noch Gewässer, in denen Fisch in zufrieden stellender Qualität aufwächst. Das Problem für den Verbraucher besteht darin, dass man beispielsweise dem Delikatessaal nicht ansieht, ob er aus der Elbe oder dem Atlantik stammt.
Ein Schritt zu einem besseren Verbraucherschutz wäre, die Angabe des Fangortes beim Verkauf von Fisch vorzuschreiben. Aber auch bei Fangzügen im gleichen Fanggebiet schwanken die Quecksilberkonzentrationen unter den verschiedenen Fischarten erheblich.
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