An Pestiziden werden Triazine und Atrazin sowie deren Abbauprodukte am häufigsten im Grundwasser und in Brunnen gefunden. Seit 1991 ist Atrazin in Deutschland zwar nicht mehr zugelassen, aber die im Boden enthaltenen Rückstände gelangen nach wie vor in die Wasserwerke. Die Chemische Landesuntersuchungsanstalt Freiburg hat 1992 in 46 Prozent von 110 gezogenen Trinkwasserproben Pestizidrückstände nachgewiesen, und fast immer war der Wirkstoff Atrazin darin enthalten. Mehr als hundert verschiedene Pflanzenschutzmittel sind in unterschiedlichen Grundwasserproben nachgewiesen worden, zum Teil überschritten die gemessenen Konzentrationen bestimmter Pestizide den allgemeinen Grenzwert der Trinkwasserverordnung für solche Verbindungen von 0,1 µg pro Liter.
Seit Oktober 1989 gilt dieser Grenzwert für Pestizidrückstände EU-weit; er entspricht der damaligen Nachweisgrenze. Der allgemeine Pestizidgrenzwert ist also nicht aus gesundheitlichen Gründen so niedrig angesetzt worden, sondern er stellt vielmehr einen Vorsorgegrenzwert dar nach der sehr zu begrüßenden Devise: Pestizide haben im Trinkwasser nichts zu suchen! Da dieser Grenzwert später vielerorts nicht eingehalten werden konnte und eine strikte Anwendung das Aus für mindestens 6400 westdeutsche Wasserwerke bedeutet hätte, wurden in den Empfehlungen des Bundesgesundheitsamtes Übergangsfristen von bis zu zehn Jahren eingeräumt. Abweichend vom allgemeinen Grenzwert wurden die zugelassenen Pestizidwirkstoffe aufgrund ihrer unterschiedlichen Toxizität in vier Gruppen eingeteilt, und diesen ordnete man jeweils eine zulässige Grenzwertüberschreitung zu.
Von Seiten der Pestizidhersteller wird darüber hinaus eine Anhebung der Grenzwerte für Pestizidrückstände gefordert, mit dem Hinweis, dass bei anderen Lebensmitteln wesentlich höhere Rückstände erlaubt seien. Im Dezember 1992 hatte die EU-Kommission eine Liste von 90 der insgesamt über 600 in den einzelnen Ländern der Europäischen Union zugelassenen Pestizidwirkstoffe veröffentlicht. In diesem Vorschlag für eine EU-weite Zulassung sind nachgewiesenermaßen gewässerschädigende Stoffe wie Atrazin, Lindan oder Simazin enthalten. Zwanzig Prozent der vorgeschlagenen Pestizidwirkstoffe sind in Deutschland (und einigen anderen EU-Staaten) verboten oder nicht zugelassen. Die vorgeschlagene Pestizidliste steht damit im krassen Widerspruch zu den strengen EU-Pestizidgrenzwerten im Trinkwasser. Im Juli 1994 wurde eine Pestizidrichtlinie verabschiedet, wonach der Grenzwert aus der Trinkwasserverordnung grundsätzlich bestehen bleibt, jedoch eine probeweise Zulassung von neuen Pestiziden über fünf Jahre möglich ist. Dabei hatte erst im September 1993 eine dänische Studie dokumentiert, dass die Kosten für die Entfernung von Pestiziden aus dem Grundwasser deutlich höher liegen als die Finanzierung von Ausgleichsmaßnahmen für einen Pestizidverzicht seitens der Bauern.
Im Gegensatz zu Oberflächengewässern ist das Grundwasser schwer sanierbar. Einmal im Grundwasser angelangt, lassen sich Pestizide nur mit aufwendigen Aufbereitungstechnologien wieder aus dem Wasser entfernen, und das auch nur unvollständig, da die eingesetzten Aktivkohlefilter kaum eine halbwegs wirksame Pestizidentfernung gewährleisten können.
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