Für Pestizide sind verbindliche Höchstmengen in der Pflanzenschutz-Höchstmengenverordnung und für Zusatzstoffe in der Zusatzstoff-Zulassungsverordnung festgesetzt. Bei Schadstoffen gibt es, abgesehen von Quecksilber in Fischen und von polychlorierten Biphenylen ( PCB ), kaum verbindliche Grenzwerte für Lebensmittel.
Für die meisten Schwermetalle wurden vom Bundesgesundheitsamt unverbindliche Richtwerte empfohlen. Gegenüber Grenzwerten besitzen Richtwerte oder Empfehlungen jedoch kaum rechtliche Verbindlichkeit, sie basieren häufig nicht auf toxikologischen Risikoabschätzungen und stehen höchstens im Rang einer Veröffentlichung oder einer gutachterlichen Stellungnahme.
Letztendlich ist die Festlegung von Höchstmengen und Grenzwerten ein Ausgleich gesundheitspolitischer und wirtschaftlicher Interessen, wobei die vielzitierte »Wissenschaftlichkeit« eine eher bescheidene Rolle spielt. Grenzwerte stellen häufig einen unbefriedigenden Kompromiss zwischen ökologischen und medizinischen Erfordernissen einerseits und kurzfristigen wirtschaftlichen Erwägungen andererseits dar.
Wird dann ein Grenzwert überschritten, melden sich schnell Fachleute zu Wort, die behaupten, dass auch bei einer gewissen Überschreitung eines Grenzwertes keine Gefahr drohe. Gleichwohl wird eine Unterschreitung der Grenzwerte begrüßt und aus Gründen der Gesundheitsvorsorge sogar empfohlen. Diese widersprüchlichen Aussagen zeigen, mit welcher Beliebigkeit Grenzwerte und Höchstmengen des Umwelt – und Gesundheitsschutzes interpretiert werden können. Die Mängel dieser »Grenzwertpolitik« sind gravierend:
- Grenzwerte sind zu statisch; sie werden in der Regel für relativ lange Zeiträume festgesetzt.
- Einmal fixierte Grenzwerte verhindern meist weitere Initiativen und Vorsorgemaßnahmen und wiegen in Sicherheit, solange und sofern sie knapp unterschritten werden.
- Mit den jeweiligen Grenz- und Höchstwerten wird eine ständige Belastung von Mensch und Umwelt bewusst in Kauf genommen.
- Grenzwerte sind für eine weiterreichende Schadstoffreduzierung wenig geeignet, da sie häufig aus wirtschaftlichen Gründen bis zur definierten Grenze ausgeschöpft werden.
Eine zukunftsweisende Umwelt- und Gesundheitspolitik muss sich daher von dem Dogma der Grenzwerte und der Fixierung auf so genannte »End-of-pipe-Technologien« lösen. Gesundheits- und Umweltschutzmaßnahmen, die also lediglich zur Schadstoffverminderung, aber nicht zur Beseitigung der Schadstoffquellen taugen (wie zum Beispiel Abgasfilter, Kläranlagen und andere nachsorgende Umwelttechniken), sind bestenfalls geeignet, die Problemlösungen hinauszuschieben oder die ungelösten Probleme in andere Bereiche zu verlagern.