Schadstoffglossar P – R

Parathion (E 605)

Parathion ist das »klassische« Insektizid aus der Gruppe der Phosphorsäureester. Dieses Insektengift wird von Obstbauern gegen Spinnmilben gespritzt, wirkt aber auch auf einige andere Tierarten schädlich. Im Boden und in Gewässern wird es schnell abgebaut. Bei unsachgemäßer Verwendung können jedoch erhebliche Gesundheitsschäden auftreten. Das Gift wird über Haut und Schleimhaut sowie den Magen-Darm-Trakt aufgenommen. Die Substanz wirkt als starkes Nervengift, das rasch zu Atemlähmung, Herzstillstand und zum Tod führen kann. Bei Pflanzen sind erbgutschädigende, bei Tieren embryotoxische Wirkungen festgestellt worden. In Deutschland ist Parathion nur für bestimmte Anwendungen zugelassen, wird aber trotz seiner Giftigkeit immer noch zur Schnakenbekämpfung auf Wiesen und Weiden ausgebracht.

Phenolische Verbindungen

Unter den Phenolen kommt insbesondere die Chlorogensäure in Lebensmitteln häufig vor. Gehalte bis zu 1g/kg Frischsubstanz finden sich in Obst , Gemüse, Kartoffeln und Kaffeebohnen. Chlorogensäure hat eine anregende Wirkung, die durch Koffein noch verstärkt wird. Sie fördert den Ausstoß von Salzsäure im Magen bei gleichzeitiger Verminderung der Pulsfrequenz.
Auch die häufig in der Natur vorkommenden Flavonoide gehören zu den Phenolverbindungen; toxikologisch spielen sie jedoch keine Rolle. Einigen dieser Verbindungen wird aufgrund ihrer antioxidativen Wirkung sogar eine gewisse Schutzfunktion vor Krebserkrankungen zugeschrieben.

Polychlorierte Biphenyle (PCB)

Die Bezeichnung polychlorierte Biphenyle umfaßt eine Gruppe von 209 Verbindungen, die zu den sehr stabilen chlorierten Kohlenwasserstoffen gehören. Seit 1930 wurden weltweit rund 750.000 Tonnen PCB produziert. Im Jahre 1968 wurden die ersten durch PCB verursachten Umweltschäden bekannt, seit mehr als zehn Jahren sind sie ubiquitär nachweisbar. Die »offene Anwendung« von polychlorierten Biphenylen in Schmiermitteln, Weichmachern, Papierbeschichtungsmitteln, Klebstoffen, Kitten und in Dichtungsmassen ist seit 1972 verboten. In »geschlossenen Systemen« wurden PCB in Kondensatoren und Transformatoren sowie in Startern für Neonröhren bis 1978 verwendet und sind deshalb in vielen heute noch gebräuchlichen Geräten. Seit 1983 ist die gesamte PCB-Produktion in Deutschland eingestellt, und seit 1989 ist ihre Herstellung und Anwendung gesetzlich untersagt. Besonders durch die Verbrennung von PCB-haltigem Müll wird eine zunehmend weiträumige Belastung in Kauf genommen.
Ähnlich wie bei DDT findet auch bei PCB eine Aufnahme aus der Umwelt und eine Anreicherung im menschlichen Organismus statt. Beim Menschen werden heute durchschnittlich 1 bis 2 mg PCB je Kilogramm Fettgewebe gefunden. Die Höhe der PCB-Aufnahme eines Menschen ist jedoch stark von seinen Verzehrgewohnheiten abhängig. Legt man die durchschnittlichen Verzehrgewohnheiten zugrunde, so ergibt sich eine tägliche Zufuhr von etwa 4 bis 8 µg PCB durch die Ernährung. Unter Berücksichtigung von

Resorption und Ausscheidung ergibt sich daraus nach 40 Jahren eine Gesamtmenge von 20 bis 40 Milligramm PCB im Körper. Der Gesetzgeber hat für PCB in Lebensmitteln durch die Schadstoffhöchstmengenverordnung verbindliche Höchstmengen festgelegt. Diese liegen für die meisten Lebensmittel zwischen 8 und 100 µg/kg, für bestimmte Fischerzeugnisse sind aber bis zu 600 µg/kg erlaubt.
Die akute Toxizität von PCB ist relativ gering. Nach wiederholter Aufnahme von PCB wurden jedoch Veränderungen der Leber, des Fettgewebes und der Milz beobachtet. PCB sind plazentagängig, das heißt, sie können das noch nicht geborene Leben schädigen. Bei zwei Tierarten ist ihre krebserregende Wirkung nachgewiesen worden. Es ist nicht auszuschließen, dass einzelne Vertreter dieser Stoffklasse ähnlich wirken wie strukturverwandte Dioxine. Mit PCB verunreinigte Futtermittel sind die Hauptursache für die Belastung von Milch und Fleisch.

Perchlorethylen (PER)

Perchlorethylen ist als Luftschadstoff in der Umgebung von chemischen Reinigungen in die Schlagzeilen gekommen. Es ist ein farbloses, ätherisch riechendes Lösemittel und wird wegen seiner guten Fettlöseeigenschaften zur Entfettung und Reinigung in Metallbetrieben eingesetzt.
Hat sich PER in der Raumluft angereichert, dringt es schnell in fetthaltige Lebensmittel ein. Die Grundbelastung der Nahrung mit PER liegt bei 0,01 bis 0,05 Milligramm PER pro Kilogramm Nahrungsmittel. PER kann zu Augenreizungen, Übelkeit und Schwindel, langfristig zu Schädigungen von Leber, Niere und Zentralnervensystem führen. Im Tierversuch ließen sich aufgrund von PER Leber- und Nierentumoren sowie Leukämie nachweisen. Das Bundesgesundheitsamt empfiehlt einen Vorsorgewert von 0,1mg/kg und einen Eingriffswert von 1mg/kg Lebensmittel. Wird der Eingriffswert überschritten, sind die betroffenen Lebensmittel nicht mehr für den Verzehr geeignet.

Polycyclische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK)

Die PAK sind chemische Verbindungen, die aus mindestens drei kondensierten Benzolringen bestehen. Dazu zählen beispielsweise Naphthalin und Benz(a)pyren. PAK sind in Teer , Erdöl und Steinkohle enthalten und reichern sich in den Sedimenten von Gewässern an. Sie entstehen bei der unvollständigen Verbrennung von organischem Material und sind deshalb in der Umwelt weit verbreitet. Emissionsquellen sind unter anderem

Autoabgase sowie Kohlefeuerungs- und Müllverbrennungsanlagen. Von den ungefähr 40 toxikologisch bedeutsamen Verbindungen gelten elf als stark und zehn als schwach krebserregende Substanzen. Besonders intensives Erhitzen oder Überhitzen beim Braten, Backen und Rösten kann zu einer hohen PAK-Bildung in Lebensmitteln führen. Daneben tragen Getreide und seine Produkte, Schalentiere sowie vor allem geräucherte Fisch- und Fleischprodukte in höherem Maße zur Belastung bei.

Pyrethrum und Pyrethroide

Pyrethrum ist ein natürlicher Pflanzenwirkstoff, der als Insektizid verwendet wird. Er wird aus verschiedenen afrikanischen Chrysanthemenarten gewonnen. Pyrethrum zersetzt sich im Freiland schnell, weshalb der Wirkstoff als relativ unbedenklich für Natur und Mensch eingestuft wird. Da der Zerfall für eine praktikable Anwendung als Insektizid viel zu schnell ist, versetzt man Pyrethrum mit einem Stabilisator, wodurch der Wirkstoff langlebiger wird.
Ein anderer Weg wird von der chemischen Industrie mit der Synthese von so genannten Pyrethroiden beschritten. Dies sind synthetische Produkte, die dem natürlichen Chrysanthemengift nachempfunden sind, diesem jedoch chemisch nicht gleichen. Im Gegensatz zum natürlichen Vorbild sind sie lichtecht, lange haltbar und weitaus wirksamer. Pyrethroide sind hochwirksame Gifte, die im Tierversuch auf das Zentralnervensystem, das Rückenmark und das Gehirn wirken. Sie schwächen das Immunsystem und verringern die Anzahl der roten Blutkörperchen. Das Deltamethrin ist gar 100mal wirksamer gegen bestimmte Insekten als DDT . Pyrethroide werden häufig von Kammerjägern zur Insekten Vernichtung in Wohnräumen eingesetzt. Aber auch nützliche Tiere wie Bienen werden durch Pyrethroide gefährdet. Aufgrund ihrer hohen Stabilität reichern sich Pyrethroide in der Umwelt an.

Quecksilber (Hg)

Quecksilber ist das einzige Metall, das bei Zimmertemperatur flüssig ist und schon bei niedrigen Temperaturen verdampft. Es wird heute hauptsächlich zur Auslösung von Gold und Silber aus edelmetallhaltigen Sanden und für verschiedene Messinstrumente verwendet. 1987 wurden weltweit 5.900 Tonnen Quecksilber produziert, worin ein erheblicher, durch Recycling wieder gewonnener Teil enthalten ist. Quecksilberhaltige Fungizide sind in Deutschland seit 1982 verboten. Quecksilber gelangt durch natürliche, vulkanische Aktivitäten und anthropogene Prozesse (Verbrennung von Kohle , Müll, Verhüttung und industrieller Gebrauch) in die Umwelt. Der jährliche Eintrag von Quecksilber in die Umwelt wird auf 60.000 bis 200.000 Tonnen geschätzt, wobei natürliche Prozesse als Verursacher überwiegen.
Quecksilber ist auch Hauptbestandteil der von Zahnärzten gelegten Amalgamfüllungen. Im Februar 1992 hat das Bundesgesundheitsamt erstmals empfohlen, die Anwendung von Amalgamen auf den Backenzahnbereich aus gesundheitlichen Gründen einzuschränken. Die krebserregende Wirkung von Quecksilber wurde im Tierversuch nachgewiesen. Seine Giftwirkung übt Quecksilber über den Luftweg oder als organisches Methylquecksilber aus.
Metallisches Quecksilber ist relativ ungefährlich und führt selten zu Vergiftungserscheinungen. Früher wurde es in großen Mengen (mehrere hundert Gramm) gegen Darmverschluss eingenommen, ohne dass eine Vergiftung beobachtet wurde. Wesentlich gefährlicher ist der entstehende Quecksilberdampf, der inhalativ aufgenommen wird. Vergiftungssymptome durch metallisches Quecksilber sind Metallgeschmack im Mund, Übelkeit, Erbrechen und blutige Durchfälle.
Anorganische Quecksilbersalze sind kaum flüchtig; gefährlich ist ihre Aufnahme über Lebensmittel und die Haut. Sie wirken auf die Haut und Schleimhäute ätzend; werden sie eingenommen, führen sie zu Schluckbeschwerden, Rachenentzündung, Erbrechen und Bauchschmerzen.
Quecksilbervergiftungen durch Lebensmittel sind oft auf organische Quecksilberverbindungen wie Methyl-, Dimetyhl- und Phenylquecksilbersalze zurückzuführen. Alle diese Verbindungen sind leicht fettlöslich und können daher ihre schädliche Wirkung auch auf das Nervensystem entfalten. Über die natürliche Nahrungskette kann Quecksilber in den menschlichen Körper gelangen. In Japan (Minamata) kam es zwischen 1953 und 1960 zu Massenvergiftungen durch mit Quecksilber kontaminierten Fisch.
Untersuchungen verschiedener Fischarten aus der Nordsee und dem Nordatlantik weisen daraufhin, dass die Quecksilberbelastung von Fischen hauptsächlich auf die altersbedingte Anreicherung natürlich vorkommenden Quecksilbers zurückzuführen ist. Untersuchungen von Thunfischkonserven aus verschiedenen Ländern ergaben, dass die Quecksilberbelastung in den letzten zehn Jahren nicht zugenommen hat. Relativ hohe Belastungen werden in einigen wildwachsenden Pilzsorten und Süßwasserfischen aus industriell belasteten Flüssen sowie in Krabben einiger Küstenregionen gefunden.
Quecksilber wird im menschlichen Körper hauptsächlich in Gehirn, den Nieren und der Leber gespeichert. Die Weltgesundheitsorganisation empfiehlt, eine Aufnahme von 350 mg Quecksilber pro Woche, davon höchstens 200 mg Methylquecksilber, nicht zu überschreiten. In Deutschland legt die Schadstoffhöchstmengenverordnung Grenzwerte für Quecksilbergehalte in Fisch von 0,5 mg/kg bis 1 mg/kg je nach Fischart fest.

Radioaktive Substanzen

Acht Jahre nach der Reaktorkatastrophe von Tschernobyl sind Lebensmittel mit hohen radioaktiven Belastungen selten geworden. Hierzu gehören noch Wildfleisch, Wildpilze (v.a. Röhrlinge), Heidelbeeren, Preiselbeeren und Haselnüsse aus Südosteuropa.
Verschiedene Studien ergaben, dass die Bevölkerung Deutschlands nach dem Reaktorunfall von Tschernobyl 50 Jahre lang eine
Strahlenbelastung von insgesamt 2 Mikrosievert erhalten wird. Dies ist deutlich weniger, als in ersten Schätzungen angenommen worden war, und auch deutlich weniger, als man aus natürlichen radioaktiven Quellen erhält.
Strontium -90 verhält sich im Körper ähnlich wie Calcium , beide werden in die Knochen und Zähne eingelagert. Da Strontium eine physikalische Halbwertszeit von etwa 28 Jahren besitzt, kann dadurch gleichsam eine innere Strahlenquelle gebildet werden. Cäsium-137 hingegen verhält sich im menschlichen Organismus ähnlich wie Kalium.
Aufgrund der Komplexität der Thematik existieren derzeit kaum Grenz- oder Richtwerte für die radioaktive Belastung von Lebensmitteln. In der Europäischen Union darf die Cäsiumgesamtbelastung von Lebensmitteln aus Drittländern eine Gesamtaktivität (Cäsium-134 und Cäsium-137) von 600 Becquerel pro Kilogramm Nahrungsmittel und 370 Becquerel pro Kilogramm Milchprodukt und Säuglingsnahrung nicht übersteigen. Unabhängige Experten raten dagegen zu wesentlich niedrigeren Grenzwerten, da eine unschädliche Strahlendosis nicht angegeben werden kann. Eine Orientierungshilfe bieten die durch die Strahlenschutzverordnung für die gesamte Bevölkerung festgelegten Dosisgrenzwerte, die während eines Jahres nicht überschritten werden sollen. Der menschliche Körper darf danach jährlich höchstens einer Ganzkörperbelastung von 300 Mikrosievert (30 Millirem), einer Knochenbelastung von 1.800 Mikrosievert (180 Millirem) und einer Leberbelastung von 900 Mikrosievert (90 Millirem) ausgesetzt sein. Werden diese Dosisgrenzwerte in die entsprechende Aktivität der einzelnen Nuklide umgerechnet, so ergeben sich bei einem Lebensmittelverzehr von 400 kg/Jahr folgende Durchschnittswerte: 7,5 Bq/kg Nahrungsmittel für Cäsium-137 und 0,7 Bq/kg Nahrungsmittel für Strontium-90.
Maßstab für diese Orientierungswerte sind Risikogruppen wie Schwangere, Stillende und Kleinkinder. Personen aus Risikogruppen sollten keine Lebensmittel mit Aktivitätswerten oberhalb dieser Orientierungswerte verzehren. Weichen die Ernährungsgewohnheiten bei Diät oder Krankheit stark vom Durchschnitt ab, werden strengere Orientierungswerte vorgeschlagen.

Stand: September 2010

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