Pestizideinsatz im Getreideanbau

Obwohl Pestizide im ökologischen Getreideanbau nicht eingesetzt werden dürfen, können aus mancherlei Gründen doch geringe Rückstände davon im Ökogetreide gefunden werden:

  • Es finden sich noch Reste von Pestiziden und deren Abbauprodukten im Boden.
  • Durch Winddrift werden die Pestizide vom benachbarten konventionellen Anbau übertragen.
  • In Transportwagen, in Lagern und Mühlen vermischen sich Reste von konventionell angebautem Getreide mit ökologisch angebautem Getreide.
  • In Getreidespeichern werden chemische Mittel zur Entkeimung eingesetzt.

Eine intensive Getreideproduktion, wie sie von der konventionellen Landwirtschaft betrieben wird, kommt nicht mehr ohne den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln aus. Nach Eurostat setzt sich der gesamte Pestizidabsatz in Deutschland im Jahre 2005 wie folgt zusammen: 50 Prozent Herbizide, 35 Prozent Fungizide, drei Prozent Insektizide und 12 Prozent andere Pestizidwirkstoffe. Dr. Reichmuth von der Biologischen Bundesanstalt für Land- und Forstwirtschaft erklärt den hohen Einsatz von Pestiziden folgendermaßen: Durch »hochgeschraubte ästhetische und sensorische Ansprüche des Verbrauchers an seine Nahrung wurden die Produzenten gedrängt, die Erträge hochwertiger Ernteprodukte unter Zuhilfenahme von Mineraldünger und chemischen Pestiziden zu steigern«. In Deutschland wurden 1991 etwa 37.000Tonnen der 956 zugelassenen Pestizide verwendet. Dies bedeutet immer noch eine leichte Steigerung gegenüber den Vorjahren, obwohl bekannt ist, dass das natürliche Gleichgewicht zwischen Insekten und Insektenfressern erheblich beeinträchtigt und teilweise sogar zerstört ist.

Bei der Verwendung von Pflanzenschutzmitteln ist es unumgänglich, dass Rückstände davon in das Getreide geraten können. In welcher Konzentration sie vorliegen und ob diese aber überhaupt messbar sind hängt von vielen Faktoren ab, zum Beispiel der Zeitpunkt der Anwendung, die klimatischen Veränderungen, aber auch die Nachweisgrenze für einen Wirkstoff.

Reste der Pestizidwirkstoffe und deren Abbauprodukte gelangen auch ins Getreide. Die Höhe der Restmengen ist abhängig vom jeweiligen Wirkstoff, vom Zeitpunkt seiner Anwendung sowie von klimatischen Bedingungen. Herbizide reichern sich im Boden wenig an; da sie meist ausgewaschen werden, können sie aber zu Problemen in der Trinkwasserversorgung führen. Die zulässigen Höchstmengen der Herbizide im Getreidekorn können mit 0,05 bis 0,1 mg/kg (mit Ausnahme von Atrazin im Mais mit 0,2 mg/kg) niedrig gehalten werden. Jede Rückstandsanalytik wird aber erschwert durch die Vielzahl der Wirkstoffe und die unbekannten Abbauprodukte, für die Analytikverfahren teilweise fehlen.

Fungizide (Antipilzmittel) werden auf die wachsende Pflanze vor der Ernte und zur Saatgutimprägnierung gespritzt. Das Saatgutbeizmittel HCB ist zwar aufgrund seiner hohen Persistenz (lang anhaltender Wirkstoffnachweis in Boden und Pflanze) verboten, wird aber immer noch in Getreideproben vor allem aus den neuen Bundesländern in geringen Konzentrationen nachgewiesen.

Unter den Insektiziden, die ebenfalls hohe Persistenzen haben, ist am häufigsten Lindan nachweisbar, obwohl die Anwendung dieses Chlorkohlenwasserstoffes in der Landwirtschaft seit langem verboten ist. Bei Untersuchungen wurde Lindan in über 80 Prozent der 650 Proben mit Konzentrationen von bis zu 0,01mg/kg nachgewiesen, vereinzelt sogar 0,1 mg/kg. Dies ist ein deutlicher Hinweis dafür, daß Lindan inzwischen zu einem ubiquitären Schadstoff geworden ist.

Die ebenfalls schon seit Jahren verbotenen Pestizide oc-HCH, Dieldrin, DDT und seine Abbauprodukte (DDE und DDD) wurden ausschließlich in Getreideproben (etwa acht Prozent) der neuen Bundesländer nachgewiesen. In einer Probe lag Dieldrin über dem Grenzwert 0,01 mg/kg. Fortlaufende Erhebungen zeigen zwar einen stetigen Rückgang der Gehalte an Halogenkohlenwasserstoffpestiziden, aber eine nachhaltige Abnahme der Rückstände wird wegen ihrer hohen Persistenz erst im Verlauf mehrerer Jahre eintreten.

Bei den Insektiziden sind an die Stelle der Halogenkohlenwasserstoffverbindungen die Organophosphorsäureester, wie Chlorpyrifosmethyl und Pirimiphosmethyl, und das altbekannte Malathion getreten. Diese Verbindungen wirken auf Warmblüter kaum toxisch, werden im menschlichen Organismus nicht gespeichert, sondern relativ schnell abgebaut.

In Getreideproben aus den neuen Bundesländer wurden Phosphorsäureester, die in der ehemaligen DDR nur in geringem Maß eingesetzt wurden und erst ab 1990 breitere Anwendung fanden, im Vergleich zu westdeutschen Getreideproben mit höheren Werten nachgewiesen. Es ist zu vermuten, dass die Anwender wohl nur wenig über die Wirkungen, Gefahren und Konsequenzen eines übermäßigen Einsatzes von Phosphorsäureester informiert waren. Auch wenn nur geringe Belastungen durch Pestizide festgestellt werden, sind ständige und sorgfältige Kontrollen offensichtlich notwendig.

Im Reisanbau werden viele Pestizidwirkstoffe in hohen Dosierungen eingesetzt, über die in Deutschland kaum Kenntnisse vorliegen. Verglichen mit der Situation der Reisbauern können sich die Endverbraucher glücklich schätzen. Bei ersteren werden zum Teil Anomalien der Augen, Veränderungen der Herzkranzgefäße und Lungen festgestellt. Oft werden die Pestizide falsch gelagert, und bei der Anwendung wird nicht auf die vorgeschriebenen Sicherheits- und Schutzmaßnahmen geachtet. So kommen die Feldarbeiter direkt mit den Wirkstoffen in Kontakt, da entweder keine Schutzkleidung und Stiefel zur Verfügung stehen oder weil auf sie wegen der hohen Temperaturen und Luftfeuchtigkeit verzichtet wird.

Ist kein Flusswasser für die Bewässerung der Reisfelder in der Nähe, nimmt man Grundwasser aus den Tiefbrunnen. Grundwassersenkungen und eine starke Versalzung der Böden hat bereits in vielen Reisanbauregionen zu erheblichen Problemen geführt. Um zusätzliche Anbauflächen zu erschließen sind in den letzten 15 Jahren große Waldflächen dem Kahlschlag zum Opfer gefallen. Die verheerenden Folgen werden bei starken Niederschlägen sichtbar, wenn in den Monsunmonaten aufgrund der Erosion Schlammlawinen ausgelöst werden.

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